150 Jahre Volksschule für alle

Broschüre zur Jubiläums-Feier 150 Jahre Volksschule für alle

vom Donnerstag, 26. September 2024

 

Grusswort   Regierungsrat Dr. Armin Hartmann, Bildungs- und Kulturdirektor
 Vortrag

 Prof. Dr. Peter Tremp, Bildungswissenschaftler PH Luzern
 Schulobligatorium in der Verfassung von 1874: Lange Vorgeschichte - herausfordernde Umsetzung - ewige Gültigkeit»?

 Input  Martina Krieg, Leiterin Dienststelle Volksschulbildung
 Von der Schiefertafel zum Tablet
 Musik  Der Kinder- und Jugendchor Nha Fala aus Horw unter der musikalischen Leitung von Adeline Hasler tritt auf. 

 

 

 

Titelbild Broschüre zum Jubiläumsanlass 150 Jahr Schule für alle in Zusammenarbeit der PH Luzern und des BKD, 2024
Broschüre als PDF. Zum Download bitte auf das Bild klicken.

Zentralbibliothek Zürich Gedenkblatt zum 19. April 1874 - Totalrevidierte Bundesverfassung_ Quelle Wikipedia
Gedenkblatt: Revision der Schweizerischen Bundesverfassung vom 19. April 1874/ Bildnachweis: Schweizerisches Nationalmuseum LM-24296, Zeichner: Ernst Conrad

1874 wurde die Schweizerische Bundesverfassung total revidiert. Artikel 27 legte darin den Grundstein für eine allgemeine und unentgeltliche Schulpflicht für alle Kinder.

Artikel 27 der Bundesverfassung 1874

  • «Die Kantone sorgen für genügenden Primarunterricht, welcher ausschliesslich unter staatlicher Leitung stehen soll. Derselbe ist obligatorisch und in den öffentlichen Schulen unentgeltlich.
  • Die öffentlichen Schulen sollen von den Angehörigen aller Bekenntnisse ohne Beeinträchtigung ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit besucht werden können.
  • Gegen Kantone, welche diesen Verpflichtungen nicht nachkommen, wird der Bund die nöthigen Verfügungen treffen.»

(Quelle: Website EDK: 150 Jahre Bildungsartikel in der Bundesverfassung)

Zum 150-Jahr-Jubiläum dieser wichtigen Errungenschaft laden das Luzerner Bildungs- und Kulturdepartement und die Pädagogische Hochschule Luzern gemeinsam zu einem öffentlichen Anlass ein.


Warum muss man zur Schule in der Schweiz? | Clip und klar! | SRF Kids – Kindervideos

Die Schulpflicht ist eine wichtige Errungenschaft in der Schweiz. Im Mittelalter wurde keine Rücksicht auf die Entwicklung der Kinder genommen. Als im Zuge der Industrialisierung die Schulpflicht für alle gefordert wurde, wehrten sich die Fabrikbesitzer: Durch sie würden ihnen kostbare Kinderarbeiter entfallen. Dem Widerstand zum Trotz schrieb die Schweiz 1874 eine 8-jährige Schulpflicht in die Bundesverfassung. Aber es ist nicht nur eine Pflicht: Schule soll für alle Kinder zugänglich sein – unabhängig davon, wie viel die Eltern verdienen. Während sich die Schulpflicht für Knaben relativ unproblematisch etablierte, störten sich einige an der Schulpflicht für Mädchen. Heute sind wir zum Glück weiter: Alle Kinder in der Schweiz haben das Recht (und die Pflicht), 11 Jahre in die Schule zu gehen – egal ob Mädchen oder Knaben, reich oder arm.


Geschichte der Schulpflicht im Kanton Luzern

Vom Mittelalter bis Ende des 18. Jahrhunderts gehörte das Bildungswesen zum Aufgabenbereich der Kirche. Nur Klöster führten die ersten Schulen. Ihre Bildungsinhalte richteten sich dabei in erster Linie der Ausbildung des eigenen Klosternachwuchses. Die ersten Luzerner Schulen wurden von der Kirchgemeinde im 16. Jahrhundert errichtet. Diese so genannte "Winterschulen" dauerten von Oktober bis Ostern und legten den Schwerpunkt auf den Religionsunterricht. In ländlichen Gebieten erreichten sie nur wenige Schülerinnen und Schüler. Im Kanton Luzern gab es vor 1800 kirchliche und freiwillige öffentliche Schulen. Im 19. Jahrhundert konnte das Schulwesen ausgebaut und die Gesetzgebung im Erziehungswesen umfassend gestaltet werden.

— Mehr im Online-Artikel der Stadt Luzern: Luzerner Schulen im Spiegel ihrer Chroniken und Dokumente und Bilder aus der Gemeinde Littau und der Stadt Luzern

— Mehr auf dem Blog.Nationalmuseum.ch: Serie: Das Schweizer Primarschulsystem - Teil 2 

Archiv-Fotografien Kindergarten 1905, Stadt Sursee
Erste Kindergärten gab es in der Stadt oder grösseren Gemeinden. Sie wurden privat betrieben, viele Kindergärtnerinnen waren Ordensfrauen. Sursee, 1923.

Moderne Schweiz ermöglicht Schulpflicht

Der 1798 im Kanton Luzern neu eingesetzte achtköpfige Erziehungsrat war beim Aufbau der Volksschule massgebend beteiligt. Damit war - im Zeichen der Helvetik - der Grundstein für die Luzerner Volksschule gelegt. Unterrichtet wurde nach Methoden des Paters Nivard Crauer – der vom Kloster St. Urban aus massgeblichen Einfluss auf das Bildungswesen im Kanton ausübte. In vier Winterkursen sollten Kinder ab sieben Jahren die Landschulen besuchen. Auch wenn weit herum noch die Schulräume, Lehrmittel und Lehrer fehlten, wurde 1800 das Obligatorium der Schulpflicht durch die helvetische Republik verfügt. Gemeinden wurden unter Androhung von 40 Franken Busse verpflichtet, innerhalb von 14 Tagen bis Mitte Januar 1801 eine Winterschule zu eröffnen. Der Unterricht erfolgte fast ausschliesslich in gemieteten Bauernstuben mit einfachster Möblierung. Weil oft die Hälfte der schulpflichtigen Kinder fehlte, wurde bei Nichterscheinen eine Geldstrafe bestimmt.

In einem Erziehungsratsbeschluss vom 19. Februar 1810 wurde eine Geldstrafe von 300 Franken für säumige Gemeinden ausgesprochen, die noch keine Schulhäuser gebaut hatten. 1813 beschloss der Kleine Rat, dass der Staat die Lehrerlöhne nur in jenen Gemeinden übernimmt, die bereits ein Schulhaus errichtet haben. 1830 regelte das Erziehungsgesetz, dass die Winterschulen Anfang November beginnen und 20 Wochen dauern, gleich lang wie die Sommerschulen. Die Primarschule dauert sechs Jahre. Der Besuch der Sekundarschule ist noch freiwillig.

— Quelle: Häfliger, Alois: Der Luzerner Erziehungsrat 1798-1999. Eine schulhistorische Skizze, Luzern: Bildungsdep. des Kantons Luzern 2002

Neuregelung der Schuldauer

Bei der Erarbeitung der Bundesverfassung 1848 legt die Politik erstmals ein grosses Gewicht auf die Bildung der gesamten Bevölkerung. Das Erziehungsgesetz des Kantons Luzern von 1879 verpflichtete die Lehrpersonen, eine Schulchronik als Tagebuch zu führen. In diese sollten «alle nennenswerten Vorkommnisse des Schullebens» eingetragen werden.
1898 regelte der Regierungsrat die Schulpflicht neu. Die Primarschule dauerte nun 6 Jahre à 40 Wochen. Schüler, die keine Sekundarschule besuchten, mussten bis zum 16. Altersjahr die Wiederholungsschule besuchen.
1940 erfuhr die obligatorische Schulpflicht eine Verlängerung auf 8 Jahre. Das Erziehungsgesetz von 1953 forderte die Errichtung von selbstständigen Oberschulen.

— Quellen: Stadtarchiv Luzern, «200 Jahre Luzerner Volksschule» von Paul Pfenniger, Schrift

— Quellen: Historisches Lexikon der Schweiz HLS - Primarschule im 1. Spätmittelalter und 2. Von der Aufklärung bis 1848


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